Zwischenstand

Am 26. Januar 2023 hat im Bayerischen Landtag der Untersuchungsausschuss „Zukunftsmuseum“ seine Arbeit aufgenommen, nachdem im Laufe der Errichtung des Deutschen Museums Nürnberg deutliche Ungereimtheiten erkennbar wurden und der Bayerische Oberste Rechnungshof in seinem Zwischenbericht bemängelte, dass die Kosten sich von einer Anschubfinanzierung von 8 Mio. EUR zu voraussichtlichen Kosten von 200 Mio. EUR über die 25-jährige Mietphase des Museumsgebäudes gesteigert hätten. Darüber hinaus wurden die zahlreichen Anfragen und Berichtsanträge der Oppositionsfraktionen zum aktuellen Stand des Projekts sowie die Forderungen auf Einbeziehung des Parlaments, von der Staatsregierung stets lediglich ausweichend und unzureichend beantwortet.

Der Untersuchungsausschuss befindet sich nun auf der Zielgerade. In dieser Woche stehen noch einige wichtige Zeugenvernehmungen an, bevor die Fraktionen Mitte Juli ihre Schlussberichte abgeben werden. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass Bewertungen der Oppositionsfraktionen und der Regierungsfraktionen diametral auseinandergehen werden.

Bisher haben sich bereits einige Verdachtsmomente erhärtet, darunter u.a.:

  • Bei der Standortsuche wurde der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit nicht berücksichtigt, wodurch möglicherweise Steuergelder verschwendet wurden. Die Kombination aus dem Verzicht auf eine offene Marktabfrage und die frühzeitige Vernachlässigung eines ggf. geeigneten Alternativstandorts führte letztlich zu einem einzig verbleibenden Standort, bei dem dem Deutschen Museum und dem Vermieter quasi ein Blankoscheck ausgestellt wurde.
  • Nach der Verkündung der Standortentscheidung machte der Investor des Augustinerhofs ein Angebot zu einer erheblichen Flächenerweiterung, die nicht vom Deutschen Museum angefragt und auch nicht durch eine Bedarfsprüfung des Deutschen Museums gerechtfertigt war. Dieses Angebot ging an das nicht zuständige Finanzministerium mit der Bitte um direkte Weiterleitung an den damaligen Finanzminister Söder.
  • Das Wissenschaftsministerium hatte die Rechtsaufsicht über das Deutsche Museum inne. Der damals zuständige Referatsleiter verweigerte auf Anfrage des Deutschen Museums eine rechtsaufsichtliche Prüfung des Mietvertrags, da er nach eigener Aussage nach der ganzen Vorgeschichte „bockig“ war und das Wissenschaftsministerium nur im „Beiboot“ des „Hauptbootes“ Finanzministerium sah.

Äußerst aufschlussreich war die Vernehmung der drei Zeuginnen und Zeugen des Obersten Rechnungshofs diesen Montag, darunter auch der ORH-Präsident Christoph Hillenbrand, die leider nur eine Aussagegenehmigung für einer nichtöffentliche Sitzung hatten. Diese betonten trotz offener Diskreditierungsversuche durch CSU und FW, dass sie weiterhin zu Ihren Prüfergebnissen aus dem Juni 2021 und der in diesem Zusammenhang am 6.05.2022 veröffentlichten Pressemitteilung stehen. Sie sehen auch aufgrund ihrer weiteren Prüfung keinen Anlass von ihrer Kritik am Verfahren der Errichtung des Deutschen Museum Nürnbergs abzurücken. Der ORH hatte in seiner Pressemitteilung den Mietvertrag als „vermieterfreundlich“ bezeichnet, die Gesamtkosten über die vorgesehene 25-jährige Mietphase auf voraussichtlich 200 Mio. EUR geschätzt. Er bemängelt zudem die Unterlassung der gebotenen Wirtschaftlichkeitsprüfungen. 

Dem Untersuchungsausschuss Zukunftsmuseum wurden zuletzt zwei gutachterliche Stellungnahmen zur Marktüblichkeit der Miethöhe und Mietdauer vorgelegt. Diese kamen zu dem Ergebnis, dass der Mietvertrag zwar teuer, aber nicht zu teuer gewesen sei. Die Opposition sieht große Schwachstellen in diesen Stellungnahmen, die in deutlichem Widerspruch zu einem von der Opposition eingeholten Sachverständigengutachten stehen. In der Sitzung am Donnerstag wird die Opposition daher die beiden Sachverständigen eingehend zu diesen zu befragen, um deren Einschätzungen zu entkräften.

Am Freitag erfolgt dann der Höhepunkt der Zeugenbefragungen: Ministerpräsident Söder wird zu den weiterhin im Raum stehenden Vorwürfen Stellung beziehen müssen. Die Aktenlage und die bisherigen Zeugenaussagen zeigen klar, dass der damalige Finanzminister das Projekt einer Dependance des Deutschen Museums in Nürnberg nicht nur initiiert, sondern auch in der Errichtungsphase eng begleitet und vorangetrieben hat. Unter anderem bestand dieser – trotz starker Bedenken des Deutschen Museums – auf eine verfrühte öffentliche Verkündung des Standortes Augustinerhof, ein Jahr vor Unterzeichnung des Mietvertrages. Dadurch schwächte dieser augenscheinlich die Verhandlungsposition des Deutschen Museums. Es kam zu einer erheblichen Erhöhung des Mietpreises. Angesichts des aktuellen Kenntnisstandes erscheinen Söders zuletzt getätigte Äußerungen, die Zuständigkeiten lägen beim Deutschen Museum und dem Wissenschaftsministerium, als reine Schutzbehauptungen. Der ganze Projektverlaufs lässt sich somit am besten unter Motto „organisierte Verantwortungslosigkeit“ zusammenfassen.

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