Abschlussrede im Plenum

Langfassung; von U. Sowa am 19.07.2023

„Wer immer sich das erdacht hat, spinnt“. Und das seien „aberwitzige Pläne“ – so hat Thomas Goppel – seines Zeichens immerhin ehemaliger CSU-Wissenschaftsminister – wortwörtlich das Unternehmen Deutsches Museum Nürnberg beschrieben. Und diese Worte kann man heute, zum Ende des Untersuchungsausschusses (UA), nur unterstreichen. Die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zum Deutschen Museum Nürnberg, mit dem damaligen Finanzminister und dem jetzigen Ministerpräsidenten Markus Söder im Mittelpunkt, war richtig und notwendig. Das haben die letzten Wochen und Monate gezeigt. Das haben die Ergebnisse des UA gezeigt

Schließlich war schon die Einsetzung eines UA provoziert durch Unwilligkeit, Landtagsanfragen und Berichtsanträge der Staatsregierung angemessen zu beantworten – und das über Jahre! Das sollte sich auch im Untersuchungsausschuss genau so fortsetzen. Auch im UA bemühten sich die Staatsregierung und die Regierungsfraktionen nicht um Transparenz. Diese war nicht nur nicht gewollt, sondern die Aufklärung wurde aktiv behindert und blockiert. Auch wenn wir wichtige Erkenntnisse gewonnen haben, müssen daher manche wesentliche Fragen nach Abschluss des UA unbeantwortet bleiben. Aber letztlich bedeutet das keine Entlastung für die Staatsregierung oder Markus Söder. Die möglichen Antworten auf viele Fragen, die weiter im Dunkeln liegen, hängen weiter wie ein Damoklesschwert über der Staatsregierung und Markus Söder. Dazu hat insbesondere das Verhalten der Regierungsfraktionen im Untersuchungsausschuss beigetragen. 

Mit solchen Unsicherheiten muss man schon leben wollen, wenn man nichts zur Aufklärung beitragen will. Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist, wie sehr die Regierungsfraktionen offensichtlich glaubten, Markus Söder schützen zu müssen, dass sie solche Blockadepolitik betrieben haben. 

Der Ablauf des Untersuchungsausschusses spricht für sich: Vom Blockadeverhalten der Regierungsfraktionen im UA könnten sich einige Fußballmannschaften noch eine Scheibe abschneiden: Das begann bei der Verhandlung des Fragenkatalogs, bei der um jedes einzelne Wort und die Nennung von Namen gefeilscht werden musste. Und das sollte nur ein Vorgeschmack dessen sein, was noch kam. 

Weiter ging es damit, dass die CSU alle Hebel in Gang setzte, um den Vorsitz des Untersuchungsausschusses zu erhalten. Denn eigentlich wären hier die Freien Wähler dran gewesen, die aber brav mitspielten. Damit sollte wohl eine Leibgarde des Ministerpräsidenten installiert werden, mit direktem Draht in die Staatskanzlei. Schon während dieser Trickserei wurde ganz klar, wie viel Energie die CSU darauf verwendet hat, den Untersuchungsausschuss zu ihren Gunsten zu drehen. Im Nachhinein ergibt dieser Plan auch Sinn: Josef Schmid führte den Vorsitz nicht neutral, wie es seine Pflicht gewesen wäre. Das kann man an seinen Presseäußerungen, seinen Sitzungsleitungen und an den Befragungen sehen. Er war auch Mitglied im Kuratorium des Deutschen Museums – auch wenn er nach eigener Aussage quasi nie da gewesen ist. Wie kann eine Fraktion so jemanden zum Vorsitzenden eines UA machen, der persönlich in das Untersuchungsobjekt involviert ist? Er wusste zwar gar nicht mehr so recht, was er da eigentlich gemacht hat und an welchen Sitzungen er teilgenommen hat, ist aber erst zu Beginn des UA ausgetreten.

Das sollte im Übrigen nur ein Vorgeschmack darauf gewesen sein, dass das Deutsche Museum Nürnberg offenbar wie ein Schlag mit dem Holzhammer auf den Hinterkopf wirkt: Viele höhere Beamte, die mit dem Projekt zu tun hatten, offenbarten danach große Erinnerungslücken.

Auch der Umgang mit den Akten war bezeichnend: Teile der Akten wurden spät geliefert. So spät dass die Vorbereitungszeit immer weniger wurde. Wir mussten Zeuge werden, wie Akten willkürlich als geheim bzw. sogar besonders geheim eingestuft wurden. Und besonders eklatant: Die Anforderung der Akten zur Kommunikation der Staatsregierung auf Anfragen aus dem Landtag und dem Obersten Rechnungshof wurde anders als beim UA Maske abgelehnt. Das Verfahren dazu beim BayVGH ist noch anhängig. Wir halten diese Ablehnung für verfassungsrechtlich nicht haltbar!

Direkt schändlich war der Umgang mit den Zeugen des Obersten Rechnungshofes, denen man den kritischen Prüfbericht offensichtlich übelnahm. Während Josef Schmid als Vorsitzender seine Zeugenbefragungen sonst eher halbherzig übernahm – er las meistens nur einzelne Fragen des Fragenkatalogs vor, fragte bei ausweichenden Antworten so gut nie nach und verwies vielmehr darauf, dass die anderen ja sicher auch noch Fragen hätten. Er schreckte sogar nicht davor zurück Zeug*innen darin zu beraten, wie sie auf Fragen der Oppositionsfraktionen antworten sollten und diesen Worte in den Mund zu legen. Während er es sonst also eher locker mit der Befragung hielt, wurden die Zeug*innen des Obersten Rechnungshofes vergleichsweise „gegrillt“ und ihnen eigene Wertungen vorgehalten.

Allein schon diese klare Zurschaustellung von Obstruktionshandeln ist ja ein Ergebnis, das wir aus dem Untersuchungsausschuss ziehen können. Josef Schmid hat nicht nur keinen Aufklärungswille gezeigt, sondern sich eher als Kugelfang für die Staatsregierung hergegeben. Aber trotz dieser widrigen Umstände sind wir zu einigen Erkenntnissen gelangt:

Entscheidungsgewalt scheint bei der aktuellen Staatsregierung offenbar schlecht für das Langzeitgedächtnis zu sein: Söder offenbarte Erinnerungslücken am laufenden Band. Den Satz „Ich kann mich nicht erinnern.“ haben wir in verschiedenen Variationen im höheren zweistelligen Bereich gehört. Auch andere Staatsbeamte offenbarten Gedächtnislücken ohne Ende.

Vor allem aber konnten wir feststellen: Der Errichtung des Deutschen Museums liegt kein professionelles und sorgfältiges Verwaltungshandeln zu Grunde: Söder und das Finanzministerium haben das Verfahren an sich gerissen – entgegen jeglicher Zuständigkeit. Die hätte nämlich eigentlich beim Wissenschaftsministerium gelegen. Das Wissenschaftsressort scheint aber in weiten Teilen absichtlich außen vor gelassen worden zu sein. Die Staatsregierung hat ihre Pflichten wie die Rechtsaufsicht und die Einhaltung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht wahrgenommen. Ein Beamter des Wissenschaftsministeriums hat erklärt, dass er aus Bockigkeit die Rechtsaufsicht verweigert hat, da er die Rolle des Wissenschaftsministeriums nur als Beiboot zum Hauptboot Finanzministerium wahrgenommen habe.

Die Einrichtung war ein Paradebeispiel für unkluges Wirtschaften. Die Staatsregierung hat sich hier offenbar säuberlichst über den Tisch ziehen lassen – und zwar mehr als einmal. Man fragt sich an mehreren Stellen, ob die Verantwortlichen eigentlich – auf Bairisch oder Fränkisch gesagt, alle „auf der Brennsupp’n dahergeschwommen“ sind.

Da steht ganz zuvorderst der Blankoscheck der Staatsregierung – die anscheinend fast bedingungslose Vollfinanzierung des Deutschen Museums. Diese Vereinbarung trieb die Kosten enorm in die Höhe und bot für das Museum auch gar keinen Anreiz zu sparen. Söder würde das Geld ja sowieso überweisen, koste es was es wolle. Das ist keine wilde Spekulation der Opposition. Nein, das ist klipp und klar so in einer Finanzierungsvereinbarung festgehalten, die Markus Söder höchstpersönlich unterschrieben hat!

In dieses Bild der Verantwortungslosigkeit reiht es sich nur zu gut ein, dass Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen beim gesamten Ablauf so gut wie keine Rolle gespielt haben. Weder beim Deutschen Museum noch bei der Staatsregierung. Einer haushaltsrechtlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung dürfte die Miethöhe – immerhin 200 Millionen Euro über die Laufzeit gerechnet, also der teuerste Mietvertrag, den der Freistaat jemals abgeschlossen hat – nicht standhalten. Bedeutsame Versuche, den Mietpreis nochmal irgendwie zu senken, lassen sich nicht erkennen. Vielmehr im Gegenteil hat man eigentlich jedes Angebot des Vermieters, die Miete doch nochmal weiter in die Höhe zu treiben, willfährig angenommen.

Da ist zum Beispiel die drastische Flächenerweiterung des Museums. In den Zeugenvernehmungen wurde und klar gemacht, dass natürlich keine Ausstellungsmacherin und kein Ausstellungsmacher nein sagen würde, wenn ihnen mehr Flächen angeboten werden. Einen Bedarf, der im Vorhinein festgestellt worden wäre, gab es aber auch nicht. Stattdessen geht die Flächenerweiterung auf ein Angebot zurück, dass der Vermieter ausdrücklich an Markus Söder persönlich als Finanzminister gerichtet hatte – nicht an das Deutsche Museum. Dass das Museum zu einem geschenkten Gaul… äh, einer geschenkten Fläche – immerhin zahlt ja der Freistaat alles – nicht nein sagt, das ist doch klar. Aber die Staatsregierung als Geldgeber hätte hier doch nochmal genauer hinschauen müssen. Doch Markus Söder hat alles ohne weitere Bedarfs- und Wirtschaftlichkeitsprüfung durchgewunken. Die extremen Kostensteigerungen hat er in Kauf genommen oder waren ihm einfach egal.

Bis heute, auch nach Abschluss des Untersuchungsausschusses nicht nachvollziehbar, ist für uns der Prozess der Standortauswahl. Wer traf letztendlich die Entscheidung für den Augustinerhof? Viel spricht dafür, dass Markus Söder hier seine Hände maßgeblich im Spiel hatte. Immerhin war er es, auch das hat der Untersuchungsausschuss bewiesen, der im Juni 2016 völlig verfrüht auf eine Standortbekanntgabe drängte.

Und das zu einem Zeitpunkt, in dem wesentliche Details des Mietvertrags noch überhaupt nicht feststanden. Diese verfrühte Bekanntgabe, die einzig und allein der Selbstdarstellung von Markus Söder diente, hat die Verhandlungsposition von Freistaat und Deutschem Museum nachhaltig geschwächt. Das lernt doch eigentlich jedes Kind schon auf dem Flohmarkt: Wenn man den Verkäufer wissen lässt, dass man das Objekt der Begierde unbedingt haben will, dann verhandelt es sich am Ende deutlich schlechter.

Dass ein Grundschüler den Vertrag am Ende wahrscheinlich besser zum Abschluss gebracht hätte als Markus Söder, sieht man dann auch an den Zahlen: Ursprünglich wollte man nicht mehr als 8 Millionen Euro ausgeben – gelandet ist man bei 200 Millionen! Während man dem Landtag am Anfang etwas von 23 Euro Quadratmetermiete vorfantasiert hatte, ist man am Ende bei 38 Euro pro Quadratmeter gelandet.

Das Ende vom Lied: Hoher Mietzins; klar vermieterfreundliche Mietkonditionen. Aus 8 Millionen werden plötzlich 200 Millionen Euro. Die Selbstdarstellerei Markus Söders bei der Standortbekanntgabe, der fehlende Bedarfsprüfung zur Flächenerweiterung, die Weigerung zur Wirtschaftlichkeitsberechnung und viele mehr solcher handwerklicher Fehler, haben die öffentliche Hand Millionen gekostet. Profilierungssucht kostet Geld – und zwar das der Steuerzahler und nicht das von Markus Söder!

Welche Rolle dann noch die höheren und niedrigeren Spenden des Nürnberger Immobilienmoguls und des Vermieters des Augustinerhofs an die CSU gespielt haben könnten? Das konnte aufgrund der Blockadehaltung der Regierungsfraktionen überhaupt nicht aufgeklärt werden. Überhaupt sind das nur die Dinge, die wir aus lückenhaft vorliegenden Akten und Gedächtnislücken bei Befragungen rekonstruieren können. Wir haben schließlich nicht alle Akten bekommen. Insbesondere nicht die Akten mit der Kommunikation der Staatsregierung mit Landtag und des Obersten Rechungungshofes. Dass man alles unternommen hat, dass wir diese Akten nicht einsehen dürfen, im Gegensatz zum UA Maske, lässt uns nur erahnen, was sich darin womöglich alles noch verborgen hält. 

Es bleibt festzuhalten: Am Ende hat das Agieren der handelnden Personen, allen voran Markus Söder, die bayerischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern leider sehr viel Geld gekostet. Ein eigentlich gutes Projekt wie das Deutsche Museum Nürnberg wurde damit insgesamt in ein schlechtes Licht gerückt. Wir müssen jetzt hoffen, dass dieses Beispiel keine Schule macht. Durch eine frühzeitige und engmaschige Einbindung des Landtags, durch die Beachtung der Ressortzuständigkeiten und durch ordentliche Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen müssen wir dafür Sorge tragen, dass solche Großprojekte nicht wieder aus dem Ruder laufen!

Wir haben hier vor uns kein gutes Beispiel für politisches und Verwaltungshandeln. So etwas darf nicht wieder passieren. Wenn die Steuerzahler*innen am Ende immer davon ausgehen müssen, dass sich bei Großprojekten nur jemand aus der Staatsregierung sein persönliches Denkmal auf öffentliche Kosten bauen lassen will, dann werden irgendwann gar keine Projekte dieser Größenordnung mehr durchführbar sein.

Der Untersuchungsausschuss mag mit den heutigen Reden abgeschlossen sein. Die Untersuchung der Geschehnisse um das Deutsche Museum jedoch nicht. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof wird urteilen, ob die Regierungsfraktionen in der Ablehnung unserer Beweisanträge zu den Akten der Staatsregierung rechtwidrig gehandelt haben. Nur der Eilantrag scheiterte bislang an formalen Punkten, die materielle Prüfung ist weiterhin anhängig – anders als es Josef Schmid mehrfach behauptet hat. Obgleich er selbst Jurist ist, kennt er sich in solch einfachen Verfahrensfragen nicht aus – oder er belügt die Presse und das Publikum. Hier kann man sich aussuchen, was schmeichelhafter ist.

Außerdem läuft die Prüfung des Bayerischen Obersten Rechnungshofes weiter. Dass dieser von seinem Urteil in der Prüfmitteilung aus dem Jahr 2021 abweichen wird, scheint ausgeschlossen. Die Zeugen des ORH betonten im Untersuchungsausschuss – trotz harter Angriffe von CSU und FW – dass sie weiterhin zu ihren Prüfergebnissen stünden. Zwar wurden uns im UA viele Informationen vorenthalten. In den nächsten Jahren könnte aber dennoch noch einiges an Licht kommen.

Abschließend muss ich festhalten, dass die Staatsregierung hier alles andere als professionell und politisch und wirtschaftlich klug gehandelt hat. Es bleibt nur zu hoffen, dass der Untersuchungsausschuss, die Untersuchung durch den ORH und auch die öffentliche Debatte dazu führen, dass solche Projekte in Zukunft transparenter und vor allem klüger umgesetzt werden. Wenngleich wir keine lückenlose Aufklärung erreicht haben, so hätten wir damit zumindest für die Zukunft etwas gewonnen.

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