Untersuchungsausschuss „Museum“

Kostensteigerungen von einigen 1000%+, Missachtung von Warnungen hinsichtlich einer seriösen Ausfinanzierung, fehlende Ausschreibungen und mögliche Verstöße gegen das Vergaberecht, dubiose Spenden, Missachtung des Ressortprinzips, Übergehen der Kontrollmechanismen des Landtags: Wollte der damalige Finanzminister die Anmietung des Deutschen Museum Nürnberg um jeden Preis durchpeitschen? Das sind Fragen, die im Untersuchungsausschuss zur Errichtung des Deutschen Museums Nürnberg gestellt werden müssen. 

Die Affäre um die Errichtung einer Außenstelle des Deutschen Museums in Nürnberg begleitet uns als Grüne Landtagsfraktion nun seit fast sechs Jahren. Als von dieser Initiative 2014 im Rahmen der sogenannten Nordbayerninitiative der CSU-Staatsregierung erstmals die Rede war, stand noch eine Anschubfinanzierung von 8 Millionen Euro im Raum. Wenige Jahre später wurde daraus ein Gesamtvolumen von 100 Millionen Euro bei einer Vollfinanzierung durch den Freistaat. „Wer immer das erdacht hat, spinnt“ entfuhr es damals dem CSU-Abgeordneten Thomas Goppel, als dies im Rahmen einer Sitzung des Wissenschaftsausschusses erstmals bekannt wurde – wohlgemerkt als alles längst schon unter Dach und Fach war. Der Landtag hatte damit keine Chance, steuernd einzugreifen.

Teuerster Mietvertrag in der Geschichte Bayerns

Es dürfte sich damit um den teuersten Mietvertrag in der Geschichte Bayerns handeln, der zudem noch, wie mehrere Gutachten nahelegen, einseitig vermieterfreundlich ausgestaltet ist. Wie wir nach dem Bericht des Obersten Rechnungshofs von diesem Sommer wissen, belaufen sich die Gesamtkosten mittlerweile wohl schon auf 200 Millionen. Wohlgemerkt bei einem Mietobjekt, dass nach Ablauf des Vertrags nicht einmal dem Freistaat oder dem Deutschen Museum gehört. 

Doch die Kostenexplosion ist längst nicht das einzige Problem. Bis heute ungeklärt sind ebenfalls die wirtschaftlich höchst fragwürdigen Entscheidungen zur Standortauswahl, zur Vertragsgestaltung und wie eine vom Deutschen Museum ursprünglich gar nicht angefragte Flächenerweiterung zustande kam, die letztlich die Kosten durch die Decke gehen ließen.

Wurde Vergaberecht missachtet?

Es gibt mittlerweile auch begründete Zweifel, ob überhaupt gültiges Vergaberecht beachtet wurde. Wahrscheinlich hätte es auch bei einem angemieteten Haus, das so auf den Nutzer zugeschnitten wurde, einem Bestellbau wie es fachlich korrekt heißt, eine europaweite Ausschreibung geben müssen und nicht eine freihändige Vergabe an einen stadtbekannten Nürnberger Immobilienmogul. Dass dieser wiederum kurz danach mehreren Großspenden an die CSU geleistet hat, gibt dem Ganzen noch ein ganz besonderes Aroma.

Die Grünen-UA-Mitglieder Verena Osgyan und Ursula Sowa

Das grüne UA-Team mit Verena Osgyan und Ursula Sowa

Wir haben diese Vorgänge von Anfang kritisch begleitet. Doch unsere parlamentarischen Anfragen, Berichtsanträge und weiteren Parlamentarischen Initiativen wurden immer nur unzureichend beantwortet. Das geht nicht nur uns als Parlament so, sondern auch dem Bayerischen Obersten Rechnungshof, der wiederholt nachgefragt und auf sinnvolle Antworten der Staatsregierung bis heute warten musste. Wir haben hier ein Ausmaß an Hinhaltungen und Gemauere erlebt, das seinesgleichen sucht. Der dennoch seit Frühsommer 2022 vorliegende Zwischenbericht des ORH lässt jedoch an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig und wertete auch Dokumente aus, die dem Landtag bislang noch unbekannt waren. Der ORH-Zwischenbericht zeigt auf, dass wesentliche Entscheidungen unter Umgehung der Geschäftsordnung der Staatsregierung einfach im Finanzministerium statt dem zuständigen Wissenschaftsministerium getroffen wurden. Welche Rolle das Deutsche Museum selbst, das eigentlich vom Freistaat unabhängig ist, dabei spielte, ist in vielen Teilen auch heute noch unklar.

„Liest sich wie ein Wirtschaftskrimi…“

Der Bericht liest sich in weiten Teilen wie ein Wirtschaftskrimi und lässt keinen Zweifel dran, dass im Zentrum diese Immobilienskandals der Extraklasse der damalige Finanzminister und heutige Ministerpräsident Dr. Markus Söder steht, der sich mit diesem Projekt offenbar ein Denkmal bauen wollte – koste es, was es wolle. Offenbar wurden bei diesem Projekt Ressortzuständigkeiten umgangen, Warnungen vor Kostensteigerungen wissentlich ignoriert und sämtliche Warnlampen und roten Ampeln mit Karacho überfahren.

All dies können wir an dieser Stelle nicht so stehen lassen. Nach jahrelangem Tricksen und Täuschen der Staatsregierung sind wir zur finalen Bewertung gekommen, dass alle üblichen parlamentarischen Instrumente ausgereizt sind und nur die erweiterten Befugnisse eines Untersuchungsausschusses erfolgreich zur Aufklärung beitragen können. Als Parlamentarier*innen im Allgemeinen und als Opposition im Besonderen ist es unsere Pflicht, die Regierung zu überwachen.

Untersuchungsausschuss als schärfstes Schwert

Den Untersuchungsausschuss werden wir nutzen, um zu all diesen Punkten die Verantwortlichen für das Museumsprojekt zu vernehmen. Dazu zählt insbesondere Ministerpräsident Söder, der sich bisher um jegliche Aussage gedrückt hat. Die Öffentlichkeit hat Antworten verdient, wie dieses Projekt zum teuersten Mietvertrag in der Geschichte des Freistaats werden konnte.

Am 24. November 2022 hat die Grüne Landtagsfraktion daher zusammen mit SPD und FDP per Minderheitenvotum einen Untersuchungsausschuss beantragt, der am 14. Dezember 2022 vom Bayerischen Landtag einstimmig eingesetzt wurde.

Für die Grüne Landtagsfraktion werden dabei Verena Osgyan und Ursula Sowa als ordentliche Mitglieder und Rosi Steinberger und Christian Zwanziger als stellvertretende Mitglieder im Einsatz sein.

„Ein Wissenschaftsmuseum, das sich mit Zukunftsthemen beschäftigen soll, ist eine gute Idee. Bei aller Freude über diese Bereicherung der fränkischen Museumslandschaft, können wir es jedoch nicht hinnehmen, dass die Errichtung der Außenstelle unter Konditionen erfolgte, die den Bayerischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern massiv Schaden zufügen“, so Verena Osgyan.